Jeder Lösungsentwurf verändert die Ausgangslage des Problems grundlegend. Die Akteure sind somit in Folge jeder Aktion einer unbekannten Situation ausgesetzt, die sie wieder von Neuem beginnen lässt. Das Problem lässt sich somit nicht mehr beenden. Es ist infinalisierbar. Es handelt sich um eine paradoxale Form, die die Akteure in akuten Handlungszwang versetzt. Im Modus der permanenten Krise hinsichtlich der provozierten Reaktionen fordert dieses Ungeheuer bereits nächste Entwürfe ein. Infolgedessen geraten sie in eine Endlosschleife, in der es keine definitive Problemformulierung geben kann bis eine Behandlungsmethode gefunden wird. Für die Akteure entspricht die Problemformulierung dem Problem selbst.
Auf der 9. Stufe sind alle Kriterien von Rittel und Webbers »bösartigen« Problemen erfüllt. Lösung und Problemdefinition bedingen sich gegenseitig, was nun vollends das Ende linearer Behandlungsstrategien bedeutet. »Der Prozess der Problemformulierung und der, sich die Lösung auszudenken, sind identisch, da jede Spezifizierung des Problems eine Spezifizierung der Richtung ist, in der man sich eine Behandlung des Problems vorstellt.«1 Rittel verdeutlicht das Dilemma sozialpolitischer Gestaltungsprozesse an folgendem Beispiel: »Wenn wir mangelnde Dienstleistung für geistige Gesundheit als Teil des Problems erkennen, dann ist […] die Verbesserung der Dienstleistung für geistige Gesundheit eine Spezifizierung der Lösung. Wenn wir, als nächsten Schritt, das Fehlen von Gemeinschaftszentren als Mangel im Dienstleistungsystem für geistige Gesundheit feststellen, dann ist die nächste Lösungsspezifizierung das ›Schaffen von Gemeinschaftszentren‹. Wenn die Behandlung innerhalb der Gemeinschaftszentren inadäquat ist, dann kann die verbesserte Therapiebildung des Personals der Lösungsansatz sein usw.«2 Die Problemdefinition wird zum Problem selbst. Soziale Probleme können nicht gelöst werden. Sie sind ständig im Wandel und verändern sich im gleichen Tempo wie die Gesellschaft. Dementsprechend müssen die Akteure ihre Problemdefinitionen immer wieder aufs neue anpassen.3 Das Problem wird damit infinalisierbar. Dementsprechend muss der Endpunkt der Behandlung künstlich gesetzt werden. Zudem haben die Akteure lediglich einen einzigen Versuch den Lösungsansatz durchzuführen, da die Auswirkungen den Problemraum derart grundlegend verändern, dass die neue Ausgangslage der Behandlung eine vollkommen neue Herangehensweise abverlangt.4
Räumlich — Durch die Wucht der Rückkopplungseffekte nimmt der Raum große Mengen an Energie auf, die sich mitunter willkürlich entlädt. Unkontrollierte Auswüchse sind die Folge.
Zeitlich — Der Prozess wird infinalisierbar. Das Problem bestimmt nun schlussendlich das Tempo.
Sozial — Die Kommunikationen schaukeln sich auf, kreisen in iterativen Schleifen um sich selbst (Selbstreferenz) und tragen somit zur Destabilisierung des Gefüges bei.
Sachlich — »Das Problem kann nicht definiert werden, ehe die Lösung gefunden wurde.«5 Das Problem beginnt sich selbst unabhängig von den Akteuren weiter zu entwickeln. Die in der 8. Stufe entfleuchten Effekte wirken nun unkontrollierbar und unvorhersehbar auf den Problemraum zurück. Dies kann sehr schnell oder mit sehr großer Zeitverzögerung geschehen, was eine eindeutige Zuordnung erschwert beziehungsweise unmöglich macht. Die Lösung wird zum Problem.
Methodisch — Zusätzlich zu den Problemelementen müssen die Akteure eine Stoppregel formulieren, um die Behandlung künstlich zu beenden. Sie laufen ständig Gefahr, sich in den Rückkopplungen zu verstricken. Es geht nicht mehr darum, die Probleme zu lösen, sondern sie irgendwie in Schach zu halten, um sie auf diese Weise weiter behandeln zu können, und die unkontrollierte Ausbreitung einzudämmen.
Es geht darum Zeit zu gewinnen.